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Andacht am 13. Mittwoch nach Trinitatis (20.8.2008)

Lesung

Der Text steht bei Hiob im 28. Kapitel, wie er in der Luther-Bibel zu finden ist:

"(1) Es hat das Silber seine Gänge und das Gold seinen Ort, wo man es läutert.
Eisen bringt man aus der Erde, und aus dem Gestein schmilzt man Kupfer.
Man macht der Finsternis ein Ende, und bis ins Letzte erforscht man das Gestein, das im Dunkel tief verborgen liegt.

(7) Den Steig dahin hat kein Geier erkannt und kein Falkenauge gesehen.
Das stolze Wild hat ihn nicht betreten, und kein Löwe ist darauf gegangen.

Auch legt man die Hand an die Felsen und gräbt die Berge von Grund aus um.
(10) Man bricht Stollen durch die Felsen, und alles, was kostbar ist, sieht das Auge.
Man wehrt dem Tröpfeln des Wassers und bringt, was verborgen ist, ans Licht.
Wo will man aber die Weisheit finden? Und wo ist die Stätte der Einsicht?
¶ Niemand weiß, was sie wert ist, und sie wird nicht gefunden im Lande der Lebendigen.
Die Tiefe spricht: »In mir ist sie nicht«; und das Meer spricht: »Bei mir ist sie auch nicht.«
Man kann nicht Gold für sie geben noch Silber darwägen, sie zu bezahlen.

(20) Woher kommt denn die Weisheit? Und wo ist die Stätte der Einsicht?
¶ Sie ist verhüllt vor den Augen aller Lebendigen, auch verborgen den Vögeln unter dem Himmel.
Der Abgrund und der Tod sprechen: »Wir haben mit unsern Ohren nur ein Gerücht von ihr gehört.«
Gott weiß den Weg zu ihr, er allein kennt ihre Stätte.
Denn er sieht die Enden der Erde und schaut alles, was unter dem Himmel ist.
(25) Als er dem Wind sein Gesicht gegeben und dem Wasser sein Maß gesetzt,
als er dem Regen ein Gesetz gegeben hat und dem Blitz und Donner den Weg:
damals schon sah er sie und verkündigte sie, bereitete sie und ergründete sie
(28) und sprach zum Menschen: Siehe, die Furcht des Herrn, das ist Weisheit, und meiden das Böse, das ist Einsicht."

Bemerkung: Die Ellipsis "…" kennzeichnet ausgelassene Verse; der Paragraph "¶" deutet einen neuen Sinnabschnitt an, wie er auch in der Bibelausgabe ausgewiesen ist.

Auslegung

Mitten in die Streitereien Hiobs und seiner Freunde bricht dieses Lied herein, ohne im Text selbst angekündigt zu werden. Die vier Männer haben sich heftigst gestritten, sitzen vielleicht erschöpft und verbittert nebeneinander, und da hebt Hiob an zu singen. Woran können wir erkennen, dass es ein Lied ist? Ein aufmerksames Lesen deutet lyrische Hilfsmittel an:

Vertrauen wir uns den Erkenntnissen der Kirchenväter und unserer Theologen an — und wir tun gut daran — erfahren wir: Das Buch Hiob ist aus vielen einzelnen Texten zusammengesetzt worden. Schon das aufmerksame Lesen des Textes lässt uns leicht auf diese Vermutung kommen. Und die Herder-Bibel, der Text unserer katholischen Glaubensgeschwister, geht mit diesem Buch zuweilen sehr zwanglos um. Da wird in Fußnoten der Text schon mal inhaltlich umgruppiert.

Hiob 28, 28 zieht das große Fazit dieses Liedes: "Siehe, die Furcht des Herrn, das ist Weisheit, und meiden das Böse, das ist Einsicht." Oder kurz gesagt: Habe Ehrfurcht vor Gott und meide das Böse.
An seinem Ende appelliert das Lied zum einen an unsere Einstellung, zum anderen an unser Vermeiden. Bei der Furcht des Herrn geht es nicht um Angst vor Gott. Die brauchen wir Christen nicht mehr zu haben. Es geht um Respekt und Ehrfurcht vor Gott und seinem Wort: in ihm lesen, darüber beten. Und auch mitbedenken, was Rabbiner, Kichenväter und Theologen. Das Böse sollen wir nicht tun, aber auch, dem Wochenspruch gemäß, den Geringsten im Blick haben.

Diesen 28. Vers können wir auch als eine Kurzfassung der Zehn Gebote ansehen. Die ersten drei Gebote bedenken die Fucht des Herrn, die nächsten sieben das, was uns geboten und verboten ist.


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