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Andacht am 2. Mittwoch nach Epiphanias (21.1.2009)

Die Losung des heutigen Tages lautet: "Ich freue mich deines Heils." (1. Sam. 2,1) Er ist aus dem Lobgesang der Hanna, den wir heute gemeinsam lesen und betrachten wollen.

Lesung

"(1) … Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn,
mein Haupt ist erhöht in dem Herrn.
Mein Mund hat sich weit aufgetan wider meine Feinde,
denn ich freue mich deines Heils.
(2) Es ist niemand heilig wie der Herr, außer dir ist keiner,
und ist kein Fels, wie unser Gott ist.
(3) Lasst euer großes Rühmen und Trotzen,
freches Reden gehe nicht aus eurem Munde:
denn der Herr ist ein Gott, der es merkt,
und von ihm werden Taten gewogen.
(4) Der Bogen der Starken ist zerbrochen,
und die Schwachen sind umgürtet mit Stärke.
(5) Die da satt waren, müssen um Brot dienen,
und die Hunger litten, hungert nicht mehr.
Die Unfruchtbare hat sieben geboren,
und die viele Kinder hatte, welkt dahin.
(6) Der Herr tötet und macht lebendig,
führt hinab zu den Toten und wieder herauf.
(7) Der Herr macht arm und macht reich;
er erniedrigt und erhöht.
(8) Er hebt auf den Dürftigen aus dem Staub
und erhöht den Armen aus der Asche,
dass er ihn setze unter die Fürsten
und den Thron der Ehre erben lasse.
¶ Denn der Welt Grundfesten sind des Herrn,
und er hat die Erde darauf gesetzt.
(9) Er wird behüten die Füße seiner Heiligen,
aber die Gottlosen sollen zunichte werden in Finsternis;
denn viel Macht hilft doch niemand.
(10) Die mit dem Herrn hadern, sollen zugrunde gehen.
Der Höchste im Himmel wird sie zerschmettern,
der Herr wird richten der Welt Enden.
Er wird Macht geben seinem Könige
und erhöhen das Haupt seines Gesalbten."

pdf-Download: Text zur Wechselese mit der Gemeinde (50 kB)

Bemerkung: Die Ellipsis "…" kennzeichnet ausgelassene Verse; der Paragraph "¶" deutet einen neuen Sinnabschnitt an, wie er auch in der Bibelausgabe ausgewiesen ist.

Auslegung

Lange Zeit hat Hanna auf die Geburt ihres Sohnes Samuel warten müssen. Und die Sticheleien der Nebenfrau Paninna hatten ihr große Pein bereitet. Denn jene war fruchtbar und hatte schon viele Kinder zur Welt gebracht. Aber nach ihrem Gelübde, den Sohn, so er geboren würde, dem Herrn zu überlassen, erfüllt sich ihr Kindeswunsch. Und so stimmt sie nach der Geburt Samuels den Lobgesang an, aus dem das Losungswort des heutigen Tages gezogen ist.

Samuel markiert eine Zeitenwende in der Geschichte Israels. Mit ihm wird in Israel das Königtum beginnen, eine Regierungsform, vor der er zuvor das Volk erfolglos warnt (1. Sam. 8,10-18). Er ist der letzte Richter und salbt die ersten beiden Könige Saul und David.

Zu Hannas Lobgesang gibt es eine Parallele: das Magnificat der Maria, als sie mit Elisabeth zusammentrifft (Lk. 1,46-55). Auch Elisabeth freut sich späten Mutterglücks, auch sie bringt einen Sohn zur Welt, der eine Zeitenwende markiert: Johannes, den späteren Täufer, den Prediger, Propheten und Mahner, den, der Marias Sohn Jesus taufen wird.

Beide Lobgesänge bringen Visionen zum Ausdruck: Die Verhältnisse von Schwachen und Starken, von arm und reich, von hungrig und satt werden umgekehrt. Gottes neue Welt ist diesseitig. Es geht nicht um himmlische Freuden, nicht um spirituelle Bedürfnisse von Astralleibern, sondern es geht um das tägliche Brot und um die Würde und das Recht aller. Es geht darum, die von Menschen geprägten Verhältnisse auf den Kopf zu stellen.

Martin Luther King wäre vor einigen Tagen achtzig Jahre alt geworden. Wenige Stunden vor seiner Ermordung hielt er eine Predigt mit der Kernaussage: "I have been on the mountain top." – "Ich bin auf dem Gipfel des Berges gewesen." Er griff damit das Bild von Moses auf, der von einem Gipfel aus das Gelobte Land zwar noch sehen, aber nicht mehr betreten konnte (5. Ms. 34,4). Ob King eine Vorahnung wegen seines Schicksals hatte, wissen wir nicht. Trotzdem aber können wir ausgehen, dass er das neue Amerika bereits Augen hatte – so wie Hanna und Maria die Vision von Gottes neuer Welt.

Wir dürfen uns getrost einreihen unter diese beispielhaften Frauen und Männer. Auch wir dürfen uns tragen lassen von dieser Vision, selbst wenn wir sie nur in Ansätzen erahnen, aber nicht schauen werden. Wir dürfen aus dieser Vision heraus leben.

Links

Wikipedia: Der Prophet Samuel
Wikipedia: 1. Buch Samuel
Wikipedia: Samuelbücher (bibelwissenschaftlich)
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