[Kino] [Startseite]

Filmplakat

A. I. - Künstliche Intelligenz

uh Der Film beginnt mit einer Menschheitskatastrophe: die Polkappen sind abgeschmolzen, Städte wie Amsterdam, Venedig und NewYork sind überflutet, nach wie vor hungern Millionen von Menschen, während eine übriggebliebene Zivilisation lebt, als wäre nichts geschehen. Lediglich der Traum von der Kleinfamilie wird staatlicherseits reglementiert: strenge Geburtenkontrolle passt in dem Ökosystem "Spaßgesellschaft" die Ist-Werte von Menschenbestand klaren Soll-Werten an.

Damit die Freude an Dienstpersonal und Liebesdienern ungetrübt bleibt, werden Mechas gebaut: menschenähnliche Roboter, die den Orgas jede Art von Dienstleistung bieten- außer AIDS ... Gibt es Probleme, können Mechas entsorgt und auf Fleisch-Festivals zerhackstückt werden.

Eine Zukunftsvision wird also ins Bild gesetzt, die eine Zivilisation zeigt, welche nichts gelernt hat. Der Mensch lebt weiter seine Gottähnlichkeit, und diese Vermessenheit treibt ihn dazu, sein Meisterwerk zu schaffen: das Mecha-Kind David. Dieses ist ein Meisterwerk deshalb, weil es zu bedingungsloser Liebe fähig ist. Und diese Bedingungslosigkeit zieht nach sich die Fähigkeit zu träumen, aber auch die Fähigkeit zu erahnen, was Unsterblichkeit bedeutet, wenn die Liebesobjekte sterben werden. Und dieses Wesen wird ungeahnte Energien in Kraft setzen, um seine Träume zu verwirklichen.

David, der Prototyp seiner Art, wird von seiner neuen Besitzerin auf Sohnesliebe programmiert. Diese ist eine trauernde Mutter, welche das Koma ihres leiblichen Sohnes nicht verarbeiten kann. Sie genießt als erster Mensch die Liebe eines Mecha-Kindes, und sie erahnt als erster Mensch die große Verantwortung, die auf die Menschheit zukommt. Und sie wird Schaden daran leiden. Denn am Ende setzt sie David im Wald aus, nachdem sie ihm versprochen hatte, ganz allein mit ihm einen Tag zu verbringen.
Der Film zeigt nicht, wie es der Mutter danach ergeht. Er braucht es auch nicht - das eben macht die Trostlosigkeit ihres weiteren Lebens aus ...

David, im Wald ausgesetzt, beginnt seine Odyssee, die ihn zu seinem Schöpfer, einem Wissenschaftler, führen wird. Ja, tatsächlich könnte es wohl den Menschen gelingen, ein solches Wesen zu erschaffen.
Der Film zeigt aber auch die Kehrseite: die, welche ihn erschaffen, sei es sein Schöpfer oder sei es die Frau, die seine Sohnesliebe aktiviert, sind nicht in der Lage, mit dieser Schöpfung zu leben. Sie scheitern an ihr, weil sie mit sich selbst im Unklaren sind.

Zeigt die Mutter noch Verantwortung, weil sie Schuld auf sich lädt, um größeres Unheil zu verhindern - sie allein setzt ihn aus, während ihr Mann, der alles ins Rollen brachte, das Haus hütet -, versagt der Wissenschaftler auf der ganzen Linie: er erschafft einen Mecha-Prototyp, der sich für einzigartig halten muss, und hat im Nebenzimmer eine ganze Serienproduktion davon stehen. Selbst eine Marketing-Strategie ist schon entwickelt ...

Auch der Wissenschaftler ist ein trauernder Vater. Und ihm war in seiner Trauerarbeit nichts besseres eingefallen, als seinen verstorbenen Sohn wieder zum Leben zu bringen. "Das", sagt das Mecha-Kind David schließlich, "ist zuviel für mein Programm." Zum ersten Mal gerät David an den Rand eines Absturzes, dem Sinnbild für eine traumatisierte Kinderseele, was sein Schöpfer, die taube Nuss, nicht einmal merkt. Dieser verschwindet auch bald von der Bildfläche, sang- und klanglos wie die Mutter, er wird der letze Mensch sein, den wir zu Gesicht bekommen. Danach wird David abtauchen und eine neue Eiszeit überdauern.

Nach zweitausend Jahren erwecken Außerirdische die Mutter aus einem Haarbüschel zum Leben - für einen Tag. Nun kann David in der Liebe seiner Mutter leben, die allerdings verwirrt und ahnungslos bleibt. Aus Todesschlaf erwacht, kann sie das einst so grausam gebrochene Versprechen nun, ohne es zu wissen, erfüllen. Am Ende dieses Tages legt sie sich für immer zu Bett, und David legt sich neben sie. Nachdem er die Freude des gelebten Augenblicks genießen durfte - das ist die Erfüllung seiner Odyssee -, kann auch er einschlafen und hinübergleiten in das Reich, in dem Träume wahr werden. Es hängt an der Lebenseinstellung des Zuschauers, ob er dieses Ende als Erfüllung oder als Vergeblichkeit eines Mecha-Lebens auffasst.

[Geschrieben: 26.09.2001]


[Kino] [Startseite] [nach oben]