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Zuletzt bearbeitet am 23. September 2017

Am Vorabend der Bundestagswahl 2017

Als ich heute vormittag zum Infostand fuhr, ist mir aufgefallen, dass auf den Martin-Schulz-Plakaten ein Extra-Aufkleber angebracht worden war. Er lautete: „Erststimme Fritz Felgentreu!” Steht dahinter der Wunsch, dass Fritz sein Wahlziel auf jeden Fall erreichen soll?

Die Herausforderin von Fritz setzt auf das Thema „Grundwasser”. Frau Schwarzer hat die Ängste von Eigenheimbesitzern geschürt, um auf ihre Kandidatur aufmerksam zu machen. Ich gehe davon aus, dass sie ihre Klientel im Blumenviertel mobilisieren wollte, überhaupt zur Wahl zu gehen und wenigstens mit der Erststimme die CDU zu wählen. Es muss für die CDU Neukölln ein Schock gewesen sein, dass Herr Förster bei der Berlin-Wahl 2016 den Wahlkreis des Blumenviertels nicht holen konnte.

Aber es geht um mehr als nur die Frage, ob eine Gliederung der abgewirtschafteten Berliner CDU es schafft, einen kurzfristigen Pyrrhus-Sieg zu erringen!

Einerseits scheint es uns Deutschen gut zu gehen, andererseits liegt eine Unruhe in der Luft. Einerseits haben wir seit Jahrzehnten Frieden, wir können reisen, es gibt keine Sperrgebiete. Andererseits gibt es Terrorereignisse, vereinzelte Fälle von roher Gewaltkriminalität, gibt es Manager, die ihre Kunden massenhaft belügen und betrügen. Einerseits haben viele Menschen Arbeit, können sich vieles leisten, müssen nicht hungern oder frieren. Andererseits arbeiten viele nicht mehr nach Tarif, sondern unterliegen unternehmerischer Willkür, viele wissen kaum noch, wie lange sie ihre Mietwohnung noch halten oder ihre Darlehen noch abzahlen können. Einerseits haben wir seit Jahrzehnten ein stabiles demokratisches System, das viele reale Möglichkeiten der Mitwirkung bietet, haben wir eine vielfältige Medienlandschaft. Andererseits gibt es nur wenige Menschen, die ihre Mitwirkungsmöglichkeiten auch nutzen.

Ich stehe als Sozialdemokrat regelmäßig am Infostand, um mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen. Zuweilen habe ich den Eindruck, dass wir politisch Aktive hier und weitgehend inaktive Bürger dort aneinander vorbei reden. Ich glaube übrigens, dass es den Mitbewerbern der anderen Parteien nicht anders geht. Zuweilen habe ich den Eindruck, dass so manche, die an unseren Stand kommen, sich das Recht heraus nehmen, bei uns verbal aufs Klo zu gehen. Man könnte meinen, dass politisch aktive Menschen bescheuert sind und nur Scheiße machen. Fragen wir dann nach, merken wir oft, dass hinter dem Geschimpfe wenig steht, das Hand und Fuß hat. Und oft hören wir verbale Versatzstücke, die den Goebbels-Tagebüchern entnommen sein könnten.

Unser politisches System steht vor großen Herausforderungen.

Ich habe damals der Großen Koalition zugestimmt. Das war vor allem aus Staatsraison. Und ich schätze unsere Kanzlerin Angela Merkel als Regierungschefin und, soweit ich es von außen beurteilen kann, als Mensch. Ich gehe davon aus, dass sie Kanzlerin bleiben wird, und ich werde deswegen nicht Trauer tragen. Aber ich bin skeptisch, dass ihre Regentschaft weiter so geschmeidig bleiben wird. Noch skeptischer bin ich, ob wir Sozialdemokraten da wieder mitmachen sollten. Vielleicht ist etwas dran an der Hegelschen List der Vernunft! Vielleicht hat im Gefüge der deutschen Bundesrepublik ein Weltgeist der SPD eine verantwortungsvolle Rolle zugedacht! Wir Sozialdemokraten aber müssen gut bedenken, ob unsere Rolle eine tragische sein soll!

Des bin ich gewiss: Einmal werden wir der Merkel-Zeit nachtrauern. Wir werden sie eine Blütezeit nennen. Gebe Gott, dass wir dann nicht bittere Tränen weinen!

Mein Tip (Wahlergebnis)
Partei Prozent
CDU 35
SPD 20
Grüne 10
FDP 8
Linke 10
Rechts 12
Sonstige 5
Mein Tip (TXL offen halten?)
Antwort Prozent
Ja 45
Nein 55

Uwe Heiland
Berlin-Britz, den 23.9.2017 um 23:50 Uhr


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